Unerfüllter Kinderwunsch – ein heikles und hoch emotionales Thema. Die einen kennen es gar nicht, andere beschäftigt es sehr – darüber gesprochen wird jedoch kaum. Doch ich denke, dass unerfüllter Kinderwunsch ein sehr wichtiges Thema ist und auch der ein oder andere Leser, den es auf diesen Blog verschlagen hat, damit zu kämpfen hat. Aus diesem Grund wollte ich dieses es unbedingt auch behandeln.
Es geht mir nicht darum, eine „Anleitung“ oder gar eine Anweisung zu geben, wie mit unerfülltem Kinderwunsch umzugehen ist. Alleine schon deshalb, weil jeder das etwas anders empfindet. Aber ich hoffe, dass das ein oder andere dabei ist, dass dir weiterhilft – ob „nur“ dafür, dass du ein besseres Verständnis anderen gegenüber entwickelst, oder aber für deine eigenen Situation.
Hallo K.,
vielen Dank, dass du bereit bist, uns von dir zu erzählen! Vielleicht fangen wir kurz damit an, dass du erzählst, was deine Situation war.
Ich muss mal überlegen, wie ich jetzt am besten anfange… Ich war schwanger und wir waren auf einer Hauskreisfreizeit. Und dann hat mir Eine gesagt „Du bekommst einen Jungen und wirst viele Kinder haben“. Ob es ein Junge wird war mir wurscht. Darauf habe ich mich auch nicht eingelassen und z.B. nicht deshalb Jungs Kleidung gekauft.
Aber die Aussage „Du wirst viele Kinder haben“, das hat mich natürlich gefreut, denn wir wollten ja mehrere Kinder. Auf diesen Satz habe ich mich schon irgendwie gestützt. Lange Zeit. Jetzt im Nachhinein bin ich vorsichtiger mit Dingen, die mir Leute sagen…
Wie ging es dann weiter?
Im August habe ich dann den M. geboren. Aber 5 Monate später, im Januar, ging es mir so richtig schlecht. Die Finger taten mir weh, ich konnte keine Jalousien mehr hoch machen, keine Faust machen, ich konnte selbst die Babyflasche nicht mehr machen. Es ging mir wirklich wahnsinnig schlecht! Und dann habe ich eine Fernsehsendung gesehen, in der sie über die chronische Polyarthritis berichtet haben. Da war mir klar: Das sind alles die Symptome, die ich habe.
So ging es dann von Arzt zu Arzt. Der erste Arzt meinte zu mir: „Wenn Sie meine Tochter wären, würde ich dazu raten, sofort zu sterilisieren“. Da ist für mich eine Welt zusammengebrochen! Ich habe die ganze Fahrt nach Hause nur geheult. Wo sind jetzt die vielen Kinder, die ich mir wünsche? Ich war total fertig.
Dann bin ich noch zum zweiten Rheumatologen. Der hat gesagt, dass ich mich nicht sterilisieren lassen muss, aber so starke Tabletten bekomme, dass ich nicht schwanger werden darf. Die Tabletten würden auf das Kind gehen und starke Schäden anrichten… Somit war es klar: ich darf erstmal nicht schwanger werden – aber der Arzt hat mir die Hoffnung nicht für immer genommen.
Das sind alles so Dinge, die dann auf mich eingeströmt sind. Zum einen das Thema „Kind“ – das war riesig! Und dann diese starke Einschränkung, die ich hatte und wusste: Ich kann mein Kind nicht versorgen. Ich war immer hin- und hergerissen zwischen dem Kinderwunsch und dem, wie blöd es ist, jetzt krank zu sein. Es gab auch immer wieder so Momente, in denen ich mich gefragt habe „Für was eigentlich? Ich will nicht mehr!“ und nicht mehr aufstehen wollte. Im Nachhinein denke ich mir, wenn Gott alles gemacht hätte, für das ich ihn gebeten habe… Ich bin froh, dass er es nicht gemacht hat!
Dann war es für euch damit klar, dass du kein weiteres Kind mehr bekommen wirst?
Nein, mit den Tabletten war ich gut eingestellt und es ging mir gesundheitlich besser. Der Arzt meinte, dass es kein Problem sei, ich müsse nur die Tabletten absetzen und dann warten bis sie abgebaut sind. Und dann kam diese Hoffnung. Und ist geplatzt. „Wieder nicht schwanger“. Man ist ständig zwischen Hoffen und Bangen. Und dann geht’s ja erst recht nicht, denn der Kopf spielt ja auch mit.
Wie hat dein Umfeld auf die Situation „reagiert“?
Es kam jemand, der meinte: „Gott hat mir gesagt du kannst schwanger werden“. Später war ich schon etwas weiter und wusste: Ich habe eine Beziehung zu Gott. Wenn das von Gott kommt, dann hätte er das zu mir gesagt und mir nicht ausrichten lassen… Inzwischen ist es so, dass ich auf Gott höre und nicht auf irgendjemanden. Aber damals hatte das, was andere gesagt haben, viel Einfluss auf mich genommen…
Dann kam jemand mit dem Vorschlag: „Pflegekind, wäre das nicht was für euch?“ Wir haben auch einmal von heute auf morgen zwei Pflegekinder bekommen. Und wieder dachte ich „Vielleicht ist das ja der Weg?“. Aber da war ich total überfordert. Sie kamen auch aus sehr schwierigen Verhältnissen und es war in ihrer Vergangenheit schon einiges „vermurkst“ worden. Es waren schwierige Sachen. Wir haben sie dann wieder weggeben müssen. Dann dachte ich: „Das ist auch nicht das Richtige…!“
Und so kam immer wieder dieser Wechsel an Hoffnung, Enttäuschung und Fragen.
Es kamen auch von vielen Richtungen (neidische) Bemerkungen wie: „Ja, komm – 1 Kind macht ja nicht so viel Arbeit!“ Oder „Ja, du hast ja Zeit!“. Irgendwann sagst du dann: Ja, genau! Denn wenn mein Kind z.B. bei einem Freund ist, dann habe ich es halt auch: Mehr Zeit.
Wie bist du aus dieser „Achterbahn“ von Hoffnung und Enttäuschung herausgekommen?
Irgendwann habe ich gefühlt, wie Gott zu mir sagt: „Ich habe nie gesagt, dass du viele Kinder haben wirst!“ Und erst da habe ich meinen Frieden bekommen. Denn: Gott hat mir das nicht zugesagt und ich habe nicht irgendetwas falsch gemacht, sodass ich sie nicht habe! Ich hatte mich so lange an dieser „Zusage“ festgehalten…
Wenn du deinem jüngeren Ich von damals etwas sagen könntest, was würdest du sagen?
Nimm’s gelassener. Wenn es klappt, dann klappt es. Wenn nicht, dann nicht. Ich würde viel mehr in dem Frieden von Gott Ruhen, den ich damals nicht hatte. Von Gott annehmen, dass es gut ist, so wie es jetzt ist.
Letztendlich ist es ja so, dass ich immer eine schöne Zeit mit meinem Sohn gehabt habe. Ich habe sie immer genossen. Und Gott sei Dank habe ich sie immer so genießen dürfen und können und musste nicht arbeiten gehen. Letztendlich habe ich eine gesegnete Zeit gehabt – mit einem Kind!
Man weint und trauert so viel in der Zeit. Und das muss vielleicht ein Stück weit auch sein. Aber irgendwann kam der Gedanke: „Hey, DU hast EIN KIND!“ Das ist ja nochmal was anderes als gar keins!
Wie ging es dir damit, dass um dich herum „alle anderen“ immer mehr Kinder bekommen haben?
Bei meiner Schwester hat es mir nichts ausgemacht. Aber bei einer Freundin, die ihre 4 Kinder „geplant“ hat. Das hat mich eher fertig gemacht, weil ich mir gedacht habe: „Ja, klar! Ich würde ja auch gerne planen, aber es geht halt nicht!“ (Es ist dann auch ganz anders gekommen mit den 4 Kindern, als sie es sich vorgestellt hatte.)
Ich denke, zu akzeptieren und zu sehen, dass man Kinder nicht planen kann, ist wichtig.
Es war mal eine Zeit, in der ich immer gesagt habe: „Wir haben nur 1 Kind“. Diese „Rechtfertigung“…weißt du, was ich meine? Wenn so viele auf dich einreden und so… Irgendwann habe ich mir gesagt: Nein, du darfst nicht sagen: „Wir haben nur eins“. Sondern: „Wir haben eins – und ich bin glücklich, dass wir ein Kind haben!“. So konnte ich es ganz anders genießen als andere mit mehreren Kindern – die mehr Stress, mehr Geräuschpegel u.ä. hatten.
Ich bin bei der Vorbereitung für das Interview auf „Hope Kinderwunsch“ gestoßen. Die bieten geleitete Gesprächsgruppen an, die sich 1x im Monat treffen und in der man sich mit anderen mit unerfülltem Kinderwunsch (oder auch Eltern von Sternenkindern) austauschen und zusammen beten kann. Kennst du sie?
Nein, aber ich finde es gut, wenn es sowas gibt! Ohne meinen Glauben denke ich, dass es bei mir schlecht ausgegangen wäre. Diese ganzen Depressionen – wenn du da nicht raus kommst, kannst du in eine tiefe Depression verfallen. Es war so ein großes Glück, dass wir Gott vor der Situation kennengelernt haben – denn wir haben Gott ja nicht von Anfang an gekannt. Das Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin, war religiös. Alles, was ich durch die paar Gottesdienstbesuche im Jahr mitbekommen hatte, war, dass Gott der strafende Richter ist.
Wie hat es dir geholfen, dass du Gott kanntest?
Als es mir so ganz schlecht ging, habe ich ein Buch über Depression von Häselbarth gelesen. Es hat mich so berührt, dass ich gesagt habe: Ja, ich muss das Gott geben und ich brauche Heilung von ihm, um da rauszukommen und mein Leben zu leben. Was dann auch geschehen ist.
Was denkst du, wenn man selber 3, 4 Kinder hat und eine gute Freundin nicht – was kann man da als Freundin tun?
Einfach da sein. Denn alle Ratschläge sind eigentlich nichtig. Aber es ist schwierig – ich weiß nicht genau was man da raten könnte…
Das, was man am wenigsten will, sind irgendwelche doofen Sprüche oder zu hören, wie man’s machen soll oder was für einen am Besten sei. Sind 2 Kinder denn „besser“??
Danke für die vielen Gedanken! Zum Abschluss noch eine letzte Frage: Was würdest du Anderen, die sich ein (zweites) Kind wünschen, mit auf den Weg geben?
Hm. Also was mir viel geholfen hat war dieses „In Gott Ruhen“. In seine Ruhe reinkommen, wenn man sich keinen Druck macht oder Erwartungen anderer erfüllen will. Nicht mehr zu denken ich wüsste, was der beste Weg für mich ist. Gott den Plan für’s Leben zu überlassen.
Aber es ist halt ganz schwierig – manchmal ist man in so einem Tunnel und kommt da selber gar nicht mehr raus um mit seiner Trauer umzugehen. Im Rückblick würde ich sagen „Weshalb habe ich mich da so reingesteigert?“ – aber das kann man nur im Rückblick sagen. Im Rückblick ist es so, wie es jetzt ist, gut!
Schön, dass du diesen Frieden über die Situation gefunden hast und Rückblickend sogar sagen kannst, dass es gut ist wie es ist! Vielen lieben Dank auch noch mal, dass du das Alles mit uns geteilt hast, auch wenn es sehr persönlich ist!
Anmerkung zu dem Thema „Unerfüllter Kinderwunsch“: Wenn du in einer ähnlichen Situation bist und Gesprächsbedarf hast, schau gerne bei www.hope-kinderwunschzeit.com vorbei und schließe dich einer der Gruppen an!
Wenn du andere kennst, denen dieser Artikel zu unerfülltem Kinderwunsch weiterhelfen könnte, leite ihn gerne weiter!
Ein Artikel, der dich vielleicht auch noch interessieren könnte, ist „Spieglein, Spieglein an der Wand…“ . Darin geht es um den Druck und die (fehlende) Zufriedenheit mit seinem Äußeren – und Gedanken zu einem Perspektivwechsel.
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[…] die Information, dass das Kind wahrscheinlich Down-Syndrom hat. Oder man erfährt, dass der Kinderwunsch aus medizinischen Gründen unerfüllt bleiben wird. All das lässt Zukunftspläne platzen. Wie geht man damit gut […]